PROTEST

Wotrowska wosada trjeba serbskeho fararja!

Die sorbische Pfarrgemeinde Wotrow/Ostro braucht auch künftig einen sorbischen Priester!

Kontaktbüro und weitere Informationen:
Marian Wenk
Burgwallstr. 10
01920 Ostro

Marian.Wenk@web.de

DOKUMENTIERT

Offener Brief der katholischen Jugend von Ostro (Wotrow) an Bischof Reinelt

Petition für Verbleib des polnischen Pfarrers im sorbischen Dorf – Rücknahme der Versetzung in deutsche Gemeinde

Sehr geehrter Herr Bischof Reinelt!

Unser Dorf ist südwestlicher Eckpunkt des sorbisch-katholischen Siedlungsgebietes. Wir sind eine der letzten Kirchgemeinden der Lausitz, in denen auch bei der Jugend die regelmäßige aktive Teilnahme am religiösen Leben und die Pflege der sorbischen Sprache und Kultur im Alltag eine selbstverständliche Normalität sind. Für uns Sorben gehören Sprache und der Glauben fest zusammen. Konkret heißt das: Das eine kann ohne das andere nicht bestehen. Beispiele, wo zuerst der Glauben und danach auch die Sprache verloren gingen, finden sich in der nahen Umgebung genügend.

Wir bitten Sie daher, die Entscheidung, unseren Pfarrer Tomas Dawidowski mit Wirkung zum 1. September in eine deutsche Gemeinde zu versetzen, zurückzunehmen und eine andere Lösung zu finden. Wir als Ostroer Jugend sind äußerst bestürzt über Ihre Entscheidung, da diese auch nach langer gemeinsamer Diskussion für niemandem von uns nachvollziehbar ist. Am Freitag, den 25.06.2010, trafen sich spontan 15 aktive Jugendliche unserer Gemeinde, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Eines der Ergebnisse ist diese Petition, die wir heute an Sie richten.

Im gemeinsamen Gebet spiegelt sich unsere Art zu leben wieder. Dazu gehören neben dem wöchentlichen Sonntagsgottesdienst das Beten an Wegkreuzen, gemeinsames Rosenkranzgebet zu Beerdigungen, Nachtgebete an Feiertagen, Wallfahrten nach Rosenthal, aber natürlich auch gemeinsame Jugendausflüge. Zu Weihnachten wird die Figur der heiligen Maria von Haus zu Haus im Ort getragen. Bei all dem gibt uns die Kirche als Mittelpunkt im Ort Orientierung. Funktionieren kann diese jedoch nur, wenn ständig eine Person auf der Pfarrei lebt, welche den Kontakt und somit das Leben aufrecht erhält. Vor ca. 6 Jahren ist Pfarrer Dr. Rudolf Kilank aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand eingetreten. Danach verbreitete sich unter Jugendlichen Unsicherheit im Glauben, Messbesuche nahmen sichtbar ab, Jugendmessen wurden aufgehoben. Seit September 2005 ist Pfarrer Dawidowski Priester unserer Gemeinde. Durch seine offene und freundschaftliche Art, auf Menschen zuzugehen, gewann er besonders bei der Jugend spürbare Beliebtheit. Als Slawe, der sich als Sorbe identifiziert, versteht er die sorbische Seele.

Seine Versetzung wäre für unsere sorbisch-katholische Gemeinde eine Katastrophe mit unabsehbaren Folgen. Wir können auch nicht verstehen, dass dieser Schritt mit einem Mangel an geistlichen Berufungen gerechtfertigt wird. Wie sollen aus katholischen Familien junge Geistliche kommen, wenn durch eine solch beispiellose Aktion in unserer Gegend die Zukunft eines Priesters und seiner Gemeinde geraubt wird? So wird Öl ins Feuer gegossen und das Vertrauen in die Kirche erstickt.

Bei uns Sorben wurzelt der Glaube mehr als andernorts in bestimmten Traditionen. Tradition in Glauben umzuwandeln, verstand unser Pfarrer Dawidowski sehr gut, da er als Außenstehender einen völlig anderen Betrachtungspunkt auf unsere Lebensweise hatte, aber dennoch durch seine slawische Herkunft um den sensiblen Umgang mit dieser wusste. Angesichts der existenziellen Bedrohung, der unsere Sprache in der globalen Welt ausgesetzt ist, erwarten wir von unserer Kirche, dass sie unsere geistlich-kulturelle Heimat schützt und nicht zerstört.

Bei uns sind Dorfjugend und katholische Jugend eins. Es gibt keine Trennung, dieselben Menschen treffen sich zum Feiern und zum Beten. Und sie tun all dies auf Sorbisch. Deshalb ist es für uns ein großes Glück, dass mit Pfarrer Dawidowski ein Seelsorger aus Polen zu uns gekommen ist, der sich die sorbische Sprache mit großem Engagement perfekt angeeignet hat. Gerade in einer Zeit, in der durch berufsbedingte Abwanderung der Einzelne von Glaubens- und Kulturverlust bedroht ist, darf die noch intakte Gemeinschaft hier vor Ort nicht durch eine Personalentscheidung – die uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen hat – möglicherweise irreparablen Schaden nehmen.

Dieser Brief wurde von aktiven Jugendlichen unserer Kirchgemeinde verfasst und niedergeschrieben. Derzeit sammeln wir Unterschriften zur Unterstützung unseres Anliegens, die wir Ihnen natürlich gerne persönlich übergeben möchten. Wir erlauben uns auch anzumerken, dass die Art und Weise, wie das Bischöfliche Ordinariat bisher in dieser Sache mit unserer Gemeinde umgegangen ist, uns tief enttäuscht: Zunächst sollten wir von oben herab durch „Gesandte“ vor vollendete Tatsachen gestellt werden, dann hat im sorbischen Rundfunk Ihr Sprecher mitgeteilt, wann wir uns von unserem Pfarrer verabschieden werden, ohne dass mit uns, den Betroffenen, ein wirkliches Gespräch stattgefunden hat.

Gestatten Sie uns noch ein letztes Wort zu dem „Argument“, dass wir weniger Gläubige sind als die Gemeinde, in die Pfarrer Dawidowski versetzt werden soll: Wir haben es nicht zu verantworten, dass unser kleines sorbisch-katholisches Siedlungsgebiet zwischen zwei deutschen Bistümern – Dresden-Meißen und Görlitz – aufgeteilt ist. Viele sorbische Geistliche waren und sind außerhalb unserer Gemeinden als Seelsorger tätig. Dagegen hat niemand etwas einzuwenden. Aber jetzt möchten wir, dass erstmals alles getan wird, dass unsere „kleine Welt“ überhaupt erhalten bleibt. Dafür brauchen wir unseren Pfarrer Tomas Dawidowski, der uns auch mit seinen regen Kontakten in die slawischen Nachbarländer kulturelle Perspektiven für unsere „kleine Welt“ aufzeigt, derer wir gerade jetzt dringend bedürfen.

Aus all diesen Gründen bitten wir Sie ebenso herzlich wie dringend, Ihre Entscheidung zur Versetzung von Pfarrer Dawidowski zu überdenken und rückgängig zu machen.

Hochachtungsvoll

Die Ostroer Jugend

PS.: Da Ihre Entscheidung im ganzen katholischen Sorbenland große Unruhe ausgelöst hat, möchten wir auch all die Menschen, denen der Fortbestand eines lebendigen sorbisch-katholischen Pfarrhauses in Ostro am Herzen liegt, an unserer Petition teilhaben lassen und machen diese daher öffentlich.

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